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Blick ins Buch: Aurë entuluva! – Der Tag soll wieder kommen. J.R.R. Tolkien zum 50. Todestag

von | 20. Okt 2023 | Verlagsprogramm | 0 Kommentare

2023 jährt sich zum 50. Mal der Tod von J.R.R. Tolkien, dem Schöpfer Mittelerdes, des Silmarillions, des Hobbits und des Herrn der Ringe – Grund genug für einen Rückblick, und zwar der besonderen Art. Denn der vorliegende Band vereint Beiträge verschiedenster internationaler Autoren, die allesamt eines gemeinsam haben: Tolkien war ihr wichtigster Führer auf dem Weg zu Gott, zum Abendland und zur Familie.

Wir veröffentlichen hier als Vorgeschmack das Vorwort des Herausgebers David Engels:

»Aurë entuluva!« – was heißt das überhaupt? Und wie kommt man dazu, ein Motto aus einer erfundenen Elbensprache einem Sammelband voranzustellen, in dem es ganz ernsthaft um nichts weniger als die Liebe zur abendländischen Kultur
gehen soll, ja gar einen ganzen solchen Band dem Gedenken an einen vor einem halben Jahrhundert verstorbenen Autor
von »Fantasy«-Geschichten zu widmen? Den Kennern des künstlerischen (und wissenschaftlichen) Werkes des am 02. September verstorbenen großen Sprachwissenschaftlers und Schriftstellers J.R.R. Tolkien wird die Antwort leicht fallen: Das komplexe mythopoetische Legendarium um die drei Zeitalter Mittelerdes ist nichts anderes als der lebenslange, in immer neuen Anläufen unternommene Versuch, die eigentliche Seele der abendländischen Kultur künstlerisch einzufangen und ihre wichtigsten Hoffnungen, Glaubenswahrheiten und Archetypen kongenial in Form einer mythischen »Vorgeschichte« neu zu erschaffen. Und nicht nur das: Mittelerde beschränkt sich keineswegs auf ein bloßes patriotisch-partikulares, englisch-abendländisches Unterfangen, sondern ist tief verwurzelt im universalen katholischen Glauben seines Verfassers, der selbst die imaginierte Vorzeit des Abendlandes, als neben Elben, Zwergen, Orks und Hobbits auch engelsgleiche und dämonische Gestalten, ja mit Morgoth gar der leibhaftige Satan körperlich auf dieser Erde wandelten, in einen dezidiert heilsgeschichtlichen Rahmen einbettete. Die Sagen und Mythen um Mittelerde sind mehr als bloße literarische Konsumgüter, Geschichten zur nur vorübergehenden Unterhaltung eines gelangweilten Lesers: Sie beinhalten den Anspruch, etwas Fundamentales, etwas Wahres, Schönes und Gutes einzufangen und auch zu vermitteln – und gerade deshalb ist die Faszination für Tolkien und sein Werk für viele seiner Leser keine bloß ästhetische Angelegenheit, sondern berührt tiefste Schichten ihres Wesens, gibt ihnen beständigen Anlaß zur Reifung und Selbstwerdung, offenbart die Möglichkeit einer auch heute noch zutiefst moralischen Lesart unserer Welt und öffnet oft genug auch das Tor zu einer Rückbindung an die Transzendenz, welche die gegenwärtigen Kirchen oft genug eher zu verschließen als offenzuhalten scheinen. Kurzum: Wer zum richtigen Zeitpunkt mit der richtigen Geisteshaltung Tolkien liest, wird nach der Lektüre nie mehr ganz derselbe sein und wird unter den Schritten, die ihn durch die »echte« Welt führen, immer wieder schattenhaft den Boden Mittelerdes aufscheinen sehen – ein Wanderer in zwei Welten, von denen die letztgenannte trotz ihrer offensichtlich fehlenden konkreten Materialität kaum weniger »real« als die erste scheint, ohne daß sich diese (von Tolkien selbst auch geteilte) Empfindung anders als in unbefriedigenden Annäherungen beschreiben oder rechtfertigen ließe.

Genau dies soll aber im Zentrum des vorliegenden Bandes stehen: Nicht etwa eine hundertste (oder eher tausendste)
Studie zu diesem oder jenem ausgewählten Aspekt von Leben, Werk, Quellen oder Rezeption J.R.R. Tolkiens, sondern
vielmehr eine Auseinandersetzung mit der Frage, was die Lektüre Tolkiens mit dem Leser »macht«, was sie für seinen Lebensweg bedeutet, wie sie ihn verändert, begleitet und wachsen läßt. Damit sind freilich nicht etwa beliebige Leseeindrücke und -erfahrungen gemeint – jener berüchtigte »Querschnitt durch die Gesellschaft« – oder gar Versuche der Kritik, Rekontextualisierung oder Dekonstruktion, wie sie heute gang und gäbe sind – gerade gegenüber Tolkien, wie wir sehen werden. Vielmehr sollen im Zentrum des Bandes jene verschiedensten persönlichen Entwicklungen stehen,
welche den Leser ausgehend von den literarischen Schriften Tolkiens immer intensiver in den Sog seines sonstigen Denkens und Schaffens ziehen und letztlich in immer neuen, gleichsam spiralförmigen Versuchen der Annäherung in immer tieferen Einklang mit seinen grundlegenden Überzeugungen bringen – Überzeugungen, die freilich alles andere als rein individuell-origineller Art sind, sondern vielmehr in der Kontinuität einer jahrhunderte-, ja eigentlich jahrtausendealten abendländischen kulturellen Tradition stehen: Tolkien verstehen und lieben bedeutet recht eigentlich das Abendland verstehen und lieben.
Tolkien und sein Leser – dieser Themenbereich ist freilich nur individuell, von Fall zu Fall zu klären und unterliegt zudem allen möglichen denkbaren Gesetzen von Zeit und Reifung. Deshalb ist auch dieser Band nicht als gleichsam von außen argumentierender Versuch konzipiert, das Thema objektiv und synthetisch zu untersuchen, sondern vielmehr als Zusammenstellung höchst persönlicher, manchmal sogar geradezu intim-autobiographischer Zeugnisse von Menschen,
die zwar allesamt aus den verschiedensten Regionen des Abendlandes stammen und denkbar unterschiedliche Lebenswege und Reifeprozesse hinter sich haben, deren Reisen zu – und mit – Tolkien aber erstaunlichste Ähnlichkeiten miteinander aufweisen und in ihrer Gesamtheit wohl eine gewisse Repräsentativität beanspruchen dürfen. Abschließend bleibt mir nur noch die angenehme Pflicht übrig, meinen Dank zu äußern – gegenüber meinem Verleger, Philipp Liehs, und seinem Verlag »Renovamen« für die enthusiastische Aufnahme und Betreuung dieses Projektes; gegenüber Yannic Weber für das aufmerksame Lektorat; gegenüber den Autoren für ihre spontane Bereitschaft, sich auf das Wagnis eingelassen zu haben, zu Ehren Tolkiens vertrauensvoll ein wenig von ihrem persönlichen Lebensweg aufgedeckt zu haben; gegenüber David Boos, der den Anstoß zu diesem Band gab; gegenüber dem Leser für sein Interesse an dieser Studie; und natürlich gegenüber »dem Professor« für all das, was er mir durch sein Werk auf meinem Lebensweg mitgegeben hat.

Aurë entuluva! – Der Tag soll wieder kommen.

Mit Beiträgen von:

– David Engels
– Michael K. Hageböck
– Joseph Pearce
– Anna Bineta Diouf
– Marco Gallina
– David Boos 
– Marion du Faouët
– Ryszard Derdziński
– Damien Bador
– Charles A. Coulombe

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